
Das Plenum des Europäischen Parlaments wird heute zwei Verordnungen über Medizinprodukte und In-Vitro-Medizinprodukte verabschieden. Damit wird weitestgehend das Ergebnis der Verhandlung mit dem Rat vom 25. Mai 2016 bestätigt.
Dazu Gesine Meißner, gesundheitspolitische Sprecherin und Berichterstatterin der ALDE: „Das Ergebnis ist eine deutliche Verbesserung der Patientensicherheit. Es minimiert den bürokratischen
Aufwand und vermeidet gleichzeitig Hindernisse für Innovationen. Dennoch liegt die wichtige Implementierungsphase noch vor uns. Die Kommission muss nun dafür sorgen, dass das Gesetz zügig
umgesetzt wird, damit Hersteller genügend Vorlaufzeit haben um die neuen Anforderungen zu erfüllen. Dies gilt insbesondere für die Ausweisung der benannten Stellen.“
Regelungen für ästhetische Medizinprodukte: Diese fallen erstmalig in den Anwendungsbereich. So werden Brustimplantate künftig als Klasse-III-Medizinprodukt, also als Höchst-Risiko-Produkt
eingestuft und unterliegen strengen Zulassungs-Anforderungen.
Zulassung-Prüfverfahren für hohe Risikoklassen: Künftig müssen Medizinprodukte der hohen Risikoklasse III oder implantierbare Produkte der Klasse II b ein besonderes Verfahren ('Scrutiny
Procedure') durchlaufen. Die benannten Stellen, in Deutschland TÜV oder DEKRA, die die Zulassung erteilen, müssen in diesen Fällen ein Expertenkomitee, welches der Kommission unterliegt,
hinzuziehen.
Wiederaufbereitung von Einmalprodukten: Die Mitgliedsstaaten müssen die Wiederaufbereitung von Einmalprodukten erlauben. Die von Parlament und Rat geforderte 'Negativliste' – also eine Liste mit
Produkten, die nicht für die Wiederaufbereitung geeignet sind, musste wegen Androhung der Kommission, im Nachhinein ein Veto einzulegen, fallen gelassen werden.
Nanomaterialien und krebserregende Stoffe (CMR's): Künftig sollen Medizinprodukte, die Nanomaterialien enthalten, entsprechend Ihrem 'Freisetzungsrisiko' klassifiziert werden. Solche Produkte,
von denen ein hohes oder mittleres Risiko ausgeht, dass Nanomaterialien im Körper freigesetzt werden, werden in die höchste Risikokategorie eingestuft, Produkte mit geringem Risiko in die
mittlere Risikoklasse und Produkte, deren Risiko vernachlässigbar ist, in die geringe Risikoklasse. Der Einsatz von CMRs soll nach Möglichkeit vermieden werden. Sind diese Substanzen nicht zu
vermeiden, können sie weiter eingesetzt werden, allerdings muss dies begründet werden. Ein Verbot konnte abgewendet werden.
Haftbarkeit: Hersteller müssen mit der neuen Richtlinie sicherstellen, dass genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um im Schadensfall den Patienten zu entschädigen. Entscheidend für
die Höhe der Sicherheit ist dabei die Risikostufe. Eine Zwangsversicherung ist vom Tisch.
Die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union ist für den 5. Mai vorgesehen, das Gesetz tritt zwanzig Tage danach in Kraft. Ab dann gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren, die es
Herstellern oder Behörden ermöglicht, die neuen Vorschriften umzusetzen. Für diesen Zeitraum gelten weiterhin die bestehenden Vorschriften. Einige ausgestellte Zertifikate sind weiterhin gültig,
aber maximal vier Jahre.